PEter Hafner

Lebenslauf

 

Meine Jugendzeit habe ich vorwiegend in Tulln/Donau verbracht.

Besonders die nahen Donauauen sind der Keim gewesen, der

zu einer Naturverbundenheit gereift ist, die in meinen

gegenständlichen Werken zum Ausdruck kommt.

 

Nach Beendigung der Pflichtschule sowie einer kfm. Ausbildung

(Handelsschule) besuchte ich in Tulln bei Herrn Prof. Laderer die

Volkshochschule. Danach folgten zwei Jahre Textilfachschule Abteilung Musterzeichnen, wo ich im freien Zeichnen und Malen Unterricht erhielt.

Objekte intensiver Studien waren in meiner weiteren Lernphase

besonders Werke von Cezanne, Turner und Van Gogh.

Später ist noch Emil Nolde hinzugewachsen, dessen Malerei ich

außerordentlich schätze.

Lange Jahre hindurch war ich ausschließlich der Aquarellmalerei

verbunden, bis ich den Pinsel gegen die Spachtel getauscht

habe und seither vorwiegend mit Acryl auf Leinwand

arbeite. Nach einer kurzen gegenständlichen Periode bin ich

bei der abstrakten Acrylmalerei gelandet. Es macht mich glücklich,

wenn ich zwanglos experimentieren kann. Die Möglichkeiten sind

vielfältig und man stößt dabei an keine Grenzen.

 

Ich kann nicht sagen, wie weit ich vom Zeitgeist gelenkt

bin, aber von Modeströmungen mit den vielen Neo- und

Postrichtungen wollte ich mich immer fernhalten.

Damit habe ich den vielleicht schwierigeren Weg

gewählt, aber mir dabei meine Freiheit bewahrt.

 

P.S.: Es ist mir nicht gelungen, der gegenständlichen Malerei

gänzlich den Rücken zu kehren. Ich habe begonnen,

Aquarelle von mir in Spachtelarbeiten auf Acryl

umzusetzen.

 

Peter Hafner


Gedankenspli tter


Ich habe mir lange überlegt, ob ich meine abstrakten Bilder taufen soll. 

Letztlich habe ich den Entschluss gefasst, es nicht zu tun. Der Betrachter hat

seine Phantasie und soll sich seine eigenen Vorstellungen machen dürfen.

 

Aquarellieren

 

Der Mensch neigt dazu, seine Umwelt vorwiegend mit dem

Verstand und weit weniger mit den Augen wahrzunehmen.

Ein Beispiel: Das Motiv ist ein Haus mit Fenstern und einer

dunkelgrünen Tür. Das ist eine Tatsache, die haben wir im Kopf.

Jetzt versuchen wir einmal anders zu erkennen.

Wir stehen vor besagtem Haus und lassen unsere Eindrücke den

Umweg über die Augen machen. Und siehe da! Wir haben hier

eine Hausfassade, die von der Sonne beschienen wird. Und wir

sehen plötzlich, dass die „dunkelgrüne Tür“ gar nicht dunkelgrün

ist, weil eben von der Sonne beschienen. Was die Türe von der

Mauer abhebt, sind schmale Schatten, die der Türstock bildet.

Wir haben es hier mit sehr geringen hell-dunkel-Kontrasten zu

tun. Man empfindet die Tür im Haus gut integriert. Ebenso

geschieht das beim Betrachten der Fenster. Hier machen wir

noch die optische Erfahrung, dass durch die Glasspiegelung

Teile der Fenster heller als die Mauer sind. Dieser Kontrast

wird durch die erhabenen und zurücktretenden Teile am Fenster=

stock in schmalen Flächen betont. Ich sage bewusst: schmale

Flächen, denn der Maler kennt keine Linien. Es gibt in der Natur

keine Linien. Die werden nicht explizit erzeugt, sondern ergeben

sich dort, wo zwei farbig unterschiedliche Flächen eine Grenze

bilden. Eine harte Grenze ist durch hell-dunkel gegeben. Bei

Farben gleicher Helligkeit wird die Grenze als weicher angesehen.

Plötzlich beobachten wir, wie ein Fenster geöffnet wird. Was

registriert unser Auge? Der geöffnete Fensterflügel wirft einen

nicht sehr dunklen Schatten gegen die Hauswand, während die

entstandene Öffnung als dunkle Stelle sichtbar wird. Die große

Dunkelheit der Fensteröffnung würde unangenehm wirken,

wenn nicht der etwas hellere Fensterschatten gewissermaßen

eine Brücke bildet. Als Maler soll man mit schmalen Schatten

sparsam umgehen. Nach dem Motto: Weniger ist mehr.

Es genügt vollkommen, wenn der Schatten des geöffneten Fensters

mit diesem und der Fensteröffnung zu einer Einheit angedeutet

wird. Oberflächlich betrachtet entsteht zwischen Mauer und Dach

eine lange Linie. Die wollen wir nicht. Also werden wir nochmals

unsere Augen in die Pflicht nehmen. Und siehe da!

Wir erkennen einen Schatten, den ein Baum gleichermaßen auf

Wand und Dach wirft. Den nützen wir aus. Die unangenehme Linie

haben wir unterbrochen. Was sagen Sie? Da ist aber kein Baum.

Also bitte, soll das für einen Maler ein Problem sein? Dann tut man

eben so, als wäre einer hier. Oder man stellt einfach einen hin.

Wir sind ja keine Architekten und auch nicht dem Historiker 

verpflichtet. Die Freiheit des Künstlers reicht viel weiter. Sie endet

nicht am Motiv sondern in unserem Kopf. Aber der Umweg über

die Augen ist verpflichtend. Es muss nicht unbedingt der Schatten

von einem Baum sein. Vielleicht hängt irgendwo die Dachrinne

ein wenig herab, oder die Mauer hat einen Riss. All das kommt uns

entgegen, die „Langeweile“ zu durchbrechen. Ich will nicht hören:

Dachrinne und Mauer sind in Ordnung. Dann kann ich nur wiederholen:

Bitte, zerstöre und bilde neu. So in etwa: Nach meinem Willen

soll das Aquarell entstehen. Am Giebel habe ich auch mehr

Möglichkeiten. Will ich das Objekt „Haus“ farblich nach vor rücken,

gestalte ich den Himmel dunkler. Will ich es duftiger, dann lasse ich

die Grenzen verschwimmen und setze nur kleine Akzente, wie etwa

den Rauchfang. Wenn ein Baum das Haus überragt, bekomme ich

ein Stück harten Kontrast. Worauf ich gezielt Wert lege ist, dass ich

produziere und nicht reproduziere. Ich will etwas schaffen und nicht

kopieren. Das Abstrahieren von Details, die nicht wesentlich

erscheinen, ist beim Aquarellieren direkt ein Muss. Dagegen kann

ich, wo es mir sinnvoll erscheint, Einzelheiten komplett herausarbeiten.

Bei dem Beispiel „Haus“ ist es ohne weiteres vorstellbar, dass

ich nur ein bis zwei Fenster bearbeite, die restlichen aber ganz einfach

ignoriere. Ich bin teilweise großzügig, teilweise penibel, aber nie

kleinlich. Da wäre ich in diesem Metier fehl am Platz.

 

Wenn ich mit Aquarellfarben arbeite, dann soll mir bewusst sein,

wo die Besonderheit dieser Malweise liegt.

Aquarellieren ist eine Technik und erfordert eine Wasserfarbe. Das

könnte auch eine stark verdünnte Deckfarbe (z.B.: Tempera) sein.

Aber am besten eignen sich eben Aquarellfarben mit dem Bindemittel

Gummi-Arabicum, das den Farben einen reinen transparenten Charakter verleiht.

Die gewünschte Leuchtkraft erziele ich, indem

ich das Papierweiß durchscheinen lasse. Möchte ich, dass die

Farbränder weich wirken, dann befeuchte ich das Aquarellpapier,

bevor ich mit dem Malen beginne. Liebe ich die harten Ränder,

dann arbeite ich auf trockenem Papier. Man kann auch

bestimmte Bereiche vorher anfeuchten. Je nach Lust und Laune.

Verwende ich viel Wasser, dann trocknet die Farbe in Schlieren auf,

bei wenig Wasser werden die Flächen einheitlicher. Gehe ich mit

einer anderen Farbe über eine noch nasse, schon bemalte Stelle,

vermischen sich die Farben und bilden gemeinsam Ränder,

die man als Inspiration aufgreifen kann, oder mit dem Schwamm

entfernt. Möchte ich auf eine bereits getrocknete bemalte Fläche

eine Farbschicht auftragen und vermeiden, dass sich der Erstauftrag

löst, dann nehme ich wenig Wasser und einen breiten Pinsel, denn

das muss in einem Pinselstrich erfolgen. Nur dann erziele ich den

gewünschten Glasscheibeneffekt. Wo ich in meiner Komposition

die stärksten Kontraste plane, werde ich Papierweiß aussparen.

Das sind oft verhältnismäßig kleine Flächen, die ich später mit

kräftigen oder leuchtenden Farben und wenig Wasser kontrastiere.

Es kommt einem Verbrechen gleich, wenn man Farben tötet, d.h.

Ihnen durch zu stark deckende Farbschichten die Leuchtkraft,

sprich – das Leben - nimmt. Obendrein hätte man es -streng 

genommen- nicht mehr mit einem Aquarell zu tun. Aber es gibt

sehr viele berühmte Aquarelle, die eigentlich Mischformen sind.

Natürlich unterlaufen beim Malen auch Fehler. Wo einmal Farbe

ist, da gibt es kein Papierweiß mehr. Da kann ich noch so sehr

mit dem Schwamm reiben. Aber es ist helfend, wenn man sich

vergegenwärtigt, dass der Schlüssel zur Weisheit in der Verhältnis=

mäßigkeit liegt. Ich brauche nur neben dem -leider nicht mehr Weiß-

etwas dünkler werden, dann habe ich wieder einen Kontrast. Außer

ich habe ein sehr starkes Papier, dann wäre Auskratzen auch noch eine

Möglichkeit. Ich habe schon wunderschöne Aquarelle gesehen,

da war das Papier komplett durchgekratzt und rückseitig hinterlegt.

Und wenn das alles nicht mehr geht, dann, und das sage ich jetzt

hinter vorgehaltener Hand: Ein wenig Deckweiß auf die Stelle

gebracht und das Werk ist gerettet. Bitte aber in einigen Schritten

dünn auftragen und jeweils die Trocknung abwarten, damit die

Papierstruktur nicht zugepflastert wird. Wir wollen ja den Blindenhund

nicht zum Bellen bringen. Ich habe keine Skrupel davor, es 

weiterhin Aquarell zu nennen. Da bin ich nicht der Erste und nicht

der Einzige. Ich glaube, dass ein gutes Werk nicht fehlerfrei sein

muss. Denn gerade der Aufwand, einen vermeintlichen Schaden zu

beheben, kann zu großer künstlerischer Leistung führen.

 

Ganz allgemein: Viel Tiefenwirkung wird beim Aquarell

nicht erzielt, darauf sollte man schon bei der Motivauswahl

Rücksicht nehmen. Aber ich habe als Betrachter gar nicht den

Wunsch, ins Bild hineinzusteigen, vielmehr ergötze ich mich

am Zusammenspiel der Farben und dem Zwischenspiel der

Farbflächen und dem Motiv. Das Zarte, das Lockere, das oft nicht

komplett Ausgemalte, soll zum Klingen gebracht werden.

 

 

Über die Tätigkeit des Malens

Malen ist für mich Spielen. Natürlich habe ich Spielerfahrung. Jahrzehntelange gegenständliche Aquarellmalerei geht nicht 

spurlos vorüber. Wenn ich heute abstrakte Bilder male, dann tue ich das, weil ich erkannt habe, dass dies für mich ein 

Schritt nach vor ist und nicht bloß der Wunsch nach etwas Abwechslung. 

 

Oft habe ich mir Ittens Farbenlehre zu Gemüte geführt. Selbstkritisch bin ich dann mit meinen Arbeiten zu Gericht gegangen. Die Vorliebe für die Farbe Blau und die Tendenz, Hell-Dunkel-Kontraste zu vernachlässigen, liegt in meinem Wesen. Itten führt genau an, welche Menschentypen sich in welchen Farben vorwiegend ausdrücken. Da habe ich erkannt: Ich bin gefangen. Um mich herum steht eine Mauer, die es zu überwinden gilt. Die Aufgabe, die ich mir gestellt habe, hat sich auf Farben und deren Zusammenstellung bezogen. So habe ich mich geistig vom gegenständlichen Motiv entfernt. Manchmal, während ich werke, kommt mir die Idee, dass meine Tätigkeit dem Komponieren von Musik gleicht. Wie ein Gegenstück zu BILDER EINER AUSSTELLUNG könnte man es vielleicht MUSIK VON DER LEINWAND nennen. Es liegt darin die Übereinstimmung, Gefühle anders als in Worten auszudrücken.

Durchblättere ich ein Buch über die Kunst der Etrusker, beeinflusst das die Farbauswahl des nächsten Bildes. Das gleiche

geschieht nach dem Betrachten orientalischer Teppiche. Die Farbvielfalt von Baumstämmen im Sonnenlicht fasziniert mich.

Alles, was in mir einen starken Eindruck hinterlässt, findet Eingang in mein Schaffen. Die Formen meiner Bilder sind entlehnt.

Damit laufe ich nicht Gefahr, mich in die Fänge einer sich erschöpfenden Phantasie zu begeben. Ganz im Gegenteil. Da gilt es,

aus der selbst gestellten Aufgabe heraus den richtigen Weg zu finden. Fällt das leicht, ist es Spiel. Mitunter kann es anstrengend werden, eine gute Fortsetzung zu finden. Dann wird es zur Arbeit. Aber wenn das Ergebnis stimmt, ist die Freude groß und die Strapazen sind vergessen. Malen ist Konstruieren, manchmal auch Zerstören. Dann beginnt der Wiederaufbau. Fazit: Malen ist eine

aufregende Tätigkeit.